Landrat ist im Verzug beim Wohnungsbau

CDU rät SPD-Basis bei Wohnungsbaugesellschaft zum Faktenscheck

Der kleine SPD-Parteitag forderte die Gründung einer kreiseigenen Wohnungsbaugesellschaft, um das seit Jahren drängende Problem des fehlenden bezahlbaren Wohnraums zu verbessern. Die Koalitionspartner von CDU und SPD haben schon 2021 vereinbart, hierzu geeignete Wege zu suchen, wie der Landkreis das Thema angehen könne und mehr neue Wohnungen geschaffen werden können. „Allerdings ist der Landrat im Verzug. Bisher haben wir von ihm ­– außer seinen fortwährenden Forderungen, es brauche eine Wohnungsbaugesellschaft – nichts Konkretes erhalten“, macht Kasseckert, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion, deutlich.

Die Union ist bei dem Thema kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft skeptisch. Der Kreis habe keine eigenen Grundstücke, keine Ressourcen, kein Personal und auch keine Erfahrung auf diesem Gebiet. Und gerade jetzt in diesem schwierigen Umfeld von Baukostensteigerung, Zinsanstieg und Lieferkettenproblematik eine neue Gesellschaft zu gründen, scheint mindestens fraglich. „Wir wollen vermeiden, dass eine mit Steuergeldern gestützte Wohnungsbaugesellschaft die Situation am Markt noch verschärft und nicht verbessert“, so Kasseckert weiter. Es müsse daher genau hingeschaut werden, welche Instrumente den sozialen Wohnungsbau im Kreis ankurbeln können. „Dazu haben wir einen Vergleich von Organisationsformen und Förderwegen gefordert. Aber außer eine Bevölkerungs- und Wohnbedarfsprognose sowie einer Power-Point-Präsentation warten wir immer noch auf die Informationen des Landrates. Und vor allem auf einen ergebnisoffenen Vergleich der Varianten sowie den Beleg, dass eine kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen kann. So zu tun, als wären andere an dem Versäumnis schuld, trifft also nicht zu“, stellt Kasseckert fest.

Insbesondere im Westkreis entstehe ein zunehmender Bedarf an bezahlbarem Wohnraum. Dieser werde durch die umfangreiche Unterbringung von Migranten zusätzlich verschärft, weil sich hier mehrere Gruppen um preisgünstige Wohnungen bewerben. Die Wohnungen entstehen in den Städten und Gemeinden. Folglich komme diesen bei der Bereitstellung von Bauflächen eine zentrale Rolle zu. Daran mangele es bisher. Dieses Problem kann aber auch keine kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft lösen. Schon heute werden soziale Wohnungsbauprojekte massiv vom Land gefördert. Durch Zuschüsse, Darlehen und einen 0-%-Zinssatz werden günstige Miethöhen festgelegt und Wohnungsbindungen zwischen 20 bis 25 Jahren erreicht. Beim Land stehen dafür in dieser Legislaturperiode 2,7 Mrd. Euro zur Verfügung. Seit 2021 ist es Hessen als eines von vier Bundesländern gelungen, wieder mehr Sozialwohnungen zu bauen, als aus der Belegung herausfallen.

Kommunen, die das Thema mit Hilfe des Landes und privaten Bauträgern angegangen sind, konnten so den Neubau von Wohnungen vermelden. Zuletzt seit 2021 in Langenselbold, wo 50 sozial geförderte Wohnungen entstehen, ohne dass es einer Begleitung des Kreises bedürfe. Ähnlich sei dies in Nidderau und Erlensee. Insgesamt sind oder werden allein in diesen drei Kommunen rund 120 Sozialwohnungen entstehen. Dies sogar im Westkreis, wo der Bedarf am höchsten ist.

Ein weiterer Aspekt hält die Christdemokraten bei der Forderung nach einer eigenen Gesellschaft zurück: der Wettbewerbseingriff in den Markt. Zu behaupten, der Markt habe beim Bau von sozialen Wohnungen versagt, sei schlicht falsch. Dort wo sich die Kommunen aktiv bemüht haben, entstehen die gewünschten bezahlbaren Wohnungen. Die Kommunen haben – so die Christdemokraten – viele Möglichkeiten an der Hand, um die Attraktivität für den sozialen Wohnungsbau zu verbessern. Dies könne u.a. durch die Bereitstellung von vergünstigten Grundstücken oder mit Pachtmodellen gelingen. Von diesen Möglichkeiten sei in der Vergangenheit jedoch meist kein Gebrauch gemacht worden, da die Kommunen die Grundstücke zum Höchstgebot verkaufen wollten. Wie man hört, sollen in einer kreiseigenen Gesellschaft die Grundstücke kostenfrei eingebracht werden, was die Wettbewerbsverzerrung für die Unionsvertreter zusätzlich deutlich macht.

Die aktuelle Lage in der Bauwirtschaft und die vom Land angekündigten weiteren Verbesserungen der Förderbedingungen können für den bezahlbaren Wohnungsbau eine Chance sein. Es wäre aus Sicht der CDU viel sinnvoller, nun schnell an die heimische Bauwirtschaft mit Grundstücksangeboten für soziale Wohnprojekte und mit Fördermitteln des Landes heranzutreten. Damit könne außerdem der Baubranche in der aktuell schwierigen Zeit eine Perspektive zum Nutzen der vorhandenen Ressourcen geboten werden. Dazu braucht es allenfalls einen Koordinator und keine aufgeblähte Wohnungsbaugesellschaft, die in den nächsten Monaten erst mit sich selbst beschäftigt wäre und weiterhin keine einzige Wohnung schaffen würde. Man sollte sich von Strukturfragen lösen und endlich anfangen, konkrete Projekte zu ermöglichen, so die CDU-Fraktion abschließend.

Soziale Wohnungsbauprojekte im MKK (privat und kommunal)
Nidderau, 2021, 2,3* Mio. Euro, 32 Wohnungen
Erlensee, 2021, 0,77* Mio. Euro, 22 Wohnungen
Erlensee, 2022, 1,16* Mio. Euro, 12 Wohnungen
Langenselbold, 6,4* Mio. Euro, 50 Wohnungen

*die Förderung des Landes Hessen setzt sich jeweils aus Zuschüssen und Darlehen zusammen.

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